Redaktion: Was ist Musikvermittlung eigentlich?
Immanuel de Gilde: Das ist eine gute Frage, aber gar nicht so leicht zu beantworten. Erst einmal würde ich sagen, dass Musikvermittlung eigentlich alles ist - also jede Form von musikalischer Darbietung und deren Rezeption. Bei Stegreif zeichnet sich der Bereich dadurch aus, dass er vom klassischen Konzert- und Gastspielbetrieb weitestgehend getrennt ist. Das heißt konkret, dass ich mich viel mit Workshopangeboten, Schulkonzertformaten, Gruppencoachings, aber auch mit der Kommunikation und Präsentation auseinandersetze. Solche Prozesse sind immer mit ein wenig mehr Aufwand verbunden, weil sie ko-kreativ entstehen und sich mehr an den jeweiligen Bedürfnissen orientieren. Musikvermittlung beschreibt hier vielleicht eher einen Schwerpunkt auf den Prozess neben, mit und um die Musik. Wer sich einen intensiveren Einblick in die Thematik wünscht, kann gerne mal in den Podcast der Reihe ‘Changes - Future Skills für Musiker:innen’ hineinhören:
R: Worin unterscheidet sich die Musikvermittlungsarbeit mit Stegreif von anderen Angeboten?
I: Zuallererst möchte ich betonen, dass es neben Stegreif eine Vielzahl wunderbarer Angebote gibt, die sich eher ergänzen und eben darum konkurrieren, das beste Musikvermittlungsformat zu haben. Was Stegreif aber auszeichnet, ist eine - wie ich finde - einzigartige Mischung aus jahrzehntelanger Erfahrung und inhaltlicher Durchlässigkeit. Das heißt, dass jeder Workshop neu ist und auch neu gedacht wird. Hier kommt uns natürlich die Improvisationserfahrung zugute und auch, dass wir zwar seit der Gründung aus den Mitteln der klassischen Musik schöpfen, sie aber auch für uns neu erfinden. Das kann super ansteckend sein und das ist gerade im Musikvermittlungsbereich essenziell.
R: Was würdest du gerne mal mit einer Workshop Gruppe realisieren und warum hast du es bislang noch nie versucht?
I: Ouh... da gibt es viel! Am liebsten würde ich einmal so richtig intensiv und über einen langen Zeitraum mit einer Gruppe von Kindern und Jugendlichen zusammenarbeiten, die vielleicht gar nicht so eine große musikalische Vorerfahrung mitbringen, aber einfach neugierig sind und Lust haben. Mit denen und vielen wunderbaren Stegreif-Musiker*innen würde dann ein ganzes Abendprogramm erarbeitet werden, das zwar mit den Facetten des Konzerts spielt, sie aber neu denkt. Vielleicht etwas, auf das wir gar nicht kommen würden, weil wir zu sehr in unseren Strukturen fest sitzen. Das Festhalten des ganzen Prozesses hin zum Ergebnis finde ich super spannend und genau daraus sollte ein Film entstehen, der im Bestfall Musikvermittlung ein Stück greifbarer macht.