Interview
3 Fragen @ Immanuel de Gilde | Musikvermittlung
September 2025
Nach drei Jahren als Projektleitung für die Reihen freesolo und bechange arbeitet Immanuel mittlerweile bei Stegreif für den Bereich der Musikvermittlung. Er erzählt euch heute u. A. von einem neuen, besonders interessanten Musikvermittlungsprojekt namens ZUSAMMENSPIEL - viel Spaß beim Lesen!
Redaktion (R.): Hallo Immanuel, erzähl und doch ein wenig von unserem neusten Vermittlungsprojekt ZUSAMMENSPIEL. Wie ist das Projekt entstanden und was habt ihr vor?
Immanuel (I.): Das Projekt entstand durch einen Kontakt mit der Kulturkarawane Trier. Dort haben wir im Juni 2023 einen Workshop im Rahmen unserer Reihe bechange in der AFA Trier - einer Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete - angeboten. Am Ende waren sowohl unsere Musiker*innen als auch die Teilnehmenden und die Kulturkarawane so begeistert, dass der Kontakt erhalten blieb und wir gemeinsam unbedingt ein neues Projekt realisieren wollten. So stieß die Idee der Kulturkarawane in Trier ein Improvisationorchester aufzubauen natürlich bei Stegreif auf sehr fruchtbaren Boden.
Das Impro-Orchester soll eigenständig funktionieren, aber Stegreif wird das Ensemble in diesem und dem nächsten Jahr mit Workshops begleiten und Impulse zum gemeinsamen Musizieren geben; der Auftakt ist Anfang November. Das Trierer Orchester soll Menschen aus allen möglichen Bereichen zusammenführen, wenn ihr also aus Trier oder Umgebung kommt, musikbegeistert seid - mit oder ohne konkreten instrumentalen Vorkenntnissen - und Lust habt mitzumachen, dann meldet euch auf der Website an.
R.: Wie bereitest du solche Vermittlungsprojekte vor, wenn du die Teilnehmenden noch gar nicht kennst?
I.: Ganz allgemein, meinst du? Ja?! Also… Eigentlich kennen wir die Teilnehmenden nie vorab. Manchmal bekommen wir grobe Infos, zum Beispiel über die Altersgruppen oder musikalische Vorkenntnisse, aber erst wenn wir vor Ort sind und gemeinsam in den ersten Übungen stecken, entfaltet sich der konkrete Fahrplan für die gemeinsame Workshopzeit. Wir haben zum Glück bei Stegreif ein ganz tolles und sehr erfahrenes Workshopteam, in dem wir gemeinsam ein Programm für die Workshoptage entwickeln und zahlreiche Alternativen mit einplanen, auf die wir zurückgreifen können. Über die Jahre hat sich ein großes Repertoire an unterschiedlichen Vermittlungsansätzen, Übungen und Persönlichkeiten zusammengefunden, sodass auch bei Workshops - ganz stegreiftypisch - die Kunst der Improvisation voll zum Tragen kommt und wir entlang spontaner Impulse und Bedürfnisse der Workshopgruppe noch nachjustieren können. Ich finde diese Freiheit so wichtig bei Musikvermittlungsprojekten, insbesondere, wenn zum Abschluss des Workshops ein Werkstattkonzert stattfinden soll. Das soll ja kein “Stegreif-drückt-euch-jetzt-mal-seine-Musik-auf“-Konzert sein, sondern Stegreif ist der Katalysator, der den Teilnehmerinnen und Teilnehmern verhilft, ihre gemeinsame künstlerische Ausdrucksform zu finden und strukturiert auf die Bühne zu bringen.
R.: Welche Verbindungen gibt es eigentlich bei Stegreif zwischen der Konzert- und der Musikvermittlungsarbeit? Oder sind das zwei getrennte Bereiche?
I.: Konzertarbeit ist bei Stegreif immer Vermittlungsarbeit, das ist - für mich ganz persönlich - das allerschönste daran. Bei Stegreif ist die Vermittlungsarbeit in der DNA angelegt und immer auch Teil unserer Konzerte. Jedes Konzert hat Momente wo das Publikum mitgenommen wird, sei es durch eine performative Begleitung in den Konzertsaal oder durch einen partizipativen Moment im Konzert - wie zum Beispiel durch eine kollektive Melodie - oder auch durch eine Verbindung des Konzerterlebnisses mit einem Workshop. Auch Nachgespräche oder Einführungen spielen als musikvermittelnde Arbeit bei Stegreifkonzerten natürlich mit rein. Die Konzertarbeit und die Vermittlungsarbeit sind aber auch zwei unterschiedliche Bereiche, in dem Sinne, mit welchem Fokus sie an Musik herangehen, und: Sie befruchten sich gegenseitig - eine klassische Symbiose.
R.: Vielen Dank für das Gespräch.